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Im Interview mit Florian Schweinberger über erfolgreiches Innovationsmanagement

Florian Schweinberger ist Rechtsanwalt und Product & Solutions Delivery Manager bei Pinsent Masons. Im Interview sprechen wir über Innovationsmanagement in Rechtsabteilungen und darüber, wie Innovation im gesamten Team umgesetzt werden kann.

Im vorherigen Interview haben wir darüber gesprochen, dass Technologie nicht zum Selbstzweck, losgelöst vom tatsächlichen Bedarf, adaptiert werden sollte. Wie offen gehen Rechtsabteilungen deiner Meinung nach generell mit innovativen Ansätzen um?

Ich glaube, da muss man differenzieren zwischen Rechtsabteilungen und dem Markt der Legal-Tech-Anbieter. Ich glaube, Rechtsabteilungen sind tendenziell defensiver. Meistens geht es um erhebliche Anschaffungen; natürlich möchte man ungern in etwas investieren, ohne zu wissen, ob es sich durchsetzt. Zusätzlich kommen die ganzen Haftungsthemen dazu, da gibt es einiges an Zurückhaltung.

Zum anderen gibt es sehr viele Tools und Unternehmen, die gerade entstehen, die bereits diverse Anwendungen und Lösungen anbieten. Auf dem Markt generell wird viel ausprobiert. Doch der Wunsch, sich Technologie als Rechtsabteilung hinzustellen, nur um sie zu haben, ist meiner Meinung nach wenig zu beobachten. Ganz am Anfang war es ein wenig so mit KI- und Sprachmodellen, auch größere Unternehmen haben hier vereinzelt Anwendungen ausprobiert. Ich glaube aber nicht, dass es in diesem Fall Selbstzwecke oder Spielereien sind.

Vielmehr, wenn eine neue Technologie auftaucht und wenig einzuschätzen ist, wo der Nutzen liegen wird, dann ist es einfach erforderlich, im Umgang Erfahrungen zu gewinnen. Da steckt man dann quasi in der Forschung mit drin. Gerade bei Sprachmodellen gab oder gibt es zu wenig erprobte Anwendungen auf dem Markt. Wenn man hier vorne mit dabei sein möchte, und es gibt durchaus auch Kanzleien und Rechtsabteilungen mit diesem Vorsatz, muss man ein Stück weit in Bereiche vordringen, die wenig erprobt sind. Auch mit dem Risiko, dass die erforschte Technologie am Ende schlecht für den eigenen Anwendungsbereich funktioniert. In diesem Fall ist der Sekundärnutzen eben der Erfahrungswert, der dabei gesammelt wurde. Wenn ein Unternehmen sich das leisten kann, ist das okay; wenn ein solcher Fehlschlag existenzbedrohend wird, natürlich nicht. Es ist also auch hier immer eine Abwägungssache.


Gibt es innovative Ansätze, die in Rechtsabteilungen entwickelt wurden, die eben nicht auf rein technologischer Basis innovativ sind?

Ja, gibt es schon. Ich denke da vor allem an Legal Design, also dem Versuch, andere Herangehensweisen zu erproben, um Prozesse und Zusammenarbeit neu zu gestalten. Das kann auch bedeuten, Lösungen neu zu gestalten, die nicht technisch sind. Im Endeffekt ist die Thematik jedoch sehr ähnlich zu der, der Technologie, nur eben umgemünzt auf Menschen und ihre Arbeitsprozesse.

In der Arbeitswelt sind es in der Regel immer Menschen, Prozesse und Technologie, die zusammenspielen. Ich kann wahrscheinlich an jeder der drei Stellen ansetzen, um meine Ziele zu erreichen. Zu Personen gehören dabei beispielsweise auch nicht nur meine Mitarbeiter selbst, sondern auch meine Kunden, meine Partner, was auch immer an Beziehungen besteht. Jeder dieser drei Punkte ist ein Ansatzpunkt, am Ende müssen jedoch alle zusammen funktionieren. Technologie ist dabei nicht der einzige Punkt, an dem ich ansetzen kann.

Gerade im Innovationsmanagement ist der Faktor Mensch oft das, was übersehen wird und somit zur Herausforderung wird. Wie können insbesondere Rechtsabteilungen deiner Meinung nach ein erfolgreiches Innovationsmanagement bewerkstelligen?

Beliebt ist es zu sagen, dass alles am „Mindset“ liegt. Ich glaube, es hängt auch viel mit dem Umgang untereinander zusammen, mit der Fehlerkultur. Dinge sollten ausprobiert werden dürfen, dabei sollte man auch scheitern dürfen. Gerade hieraus entstehen oft gute Lösungen, wenn man eben anmerken darf, dass irgendetwas nicht ideal läuft. Im Kontrast dazu stehen statische Prozesse, die gerade so funktionieren und potenziell ineffizient sind, an denen aber niemand rütteln möchte. Diese Altlasten in Arbeitsprozessen und den Köpfen der Mitarbeitenden können zu extremen Blockern werden, wenn man nicht an ihnen vorbeikommt. Ein gewisses Risiko eingehen zu können, die Freiheit zu haben, Fehler machen und korrigieren zu können; damit muss man Mitarbeitende abholen. Jedem sollte klar sein, dass er dazu die Möglichkeit hat.

Sobald Menschen diese Möglichkeit haben, können Sie Prozesse variieren und bspw. auch neue Technologien erproben – so kommt alles dann zusammen. Kernfaktor ist an der Stelle trotzdem der Mensch und seine Arbeitsprozesse.

Andersherum, wenn man diese Möglichkeiten nicht schafft und dafür tolle neue Technologien anschafft, ohne die Menschen an Bord zu holen, funktioniert es nicht. Da kann ich das beste Produkt haben, wenn die Mitarbeitenden es nicht nutzen, ist nichts umsetzbar damit.

Was sind deiner Meinung nach die größten Innovationshürden in Rechtsabteilungen?

Das, was man als verkrustete Strukturen ansehen kann, was festgefahren ist und woran sich niemand mehr herantraut. Wo man sich entweder denkt, „das haben wir schon immer so gemacht“ oder „das haben wir noch nie so gemacht“. Diese beiden Sätze sprechen meist dafür, dass man sich an irgendeiner Stelle gedanklich nicht herantraut. Es kann Gründe dafür geben, siehe die aus der IT bekannte Faustregel „Never touch a running system“. Wenn das Risiko besteht, etwas kaputtzumachen, muss ich sehr gut überlegen, ob ich ein bestehendes System anfassen möchte. Es jedoch per se als unantastbar zu erklären, kann dazu folgen, dass viele Innovationspotenziale ungenutzt bleiben.

Etwas abzutun, nur weil es immer schon auf eine bestimmte Art gemacht wurde, oder eben noch nie auf eine andere, das ist ein großes Hemmnis. Das kann an Personen liegen, die sich nicht umstellen möchten, aber natürlich auch an der Sache selbst, wenn sie beispielsweise den Kern der Geschäftsprozesse betreffen.

Hier kann es sich lohnen, das Ganze zumindest gedanklich aufzubrechen und näher über Restriktionen nachzudenken, um potenzielle Alternativen zu finden.

 

 

 


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