
The Modern Family: Die Evolution der Arbeitswoche
Warum die reguläre Arbeitswoche nicht mehr in unser Leben passt
Nach ersten erfolgreichen Tests, scheint die 4-Tage-Woche in greifbare Nähe gerutscht zu sein. Aktuell sind es jedoch vor allem Eltern und Pflegepersonen von Angehörigen, die tatsächlich in der 4-Tage-Woche arbeiten, wobei die Rahmenbedingungen oft undurchsichtig sind. Schnell läuft es darauf hinaus, dass versucht wird 5 Tage in 4 Tagen unterzubringen, während nach wie vor alle anderen Aufgaben navigiert werden müssen, die mit der Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen einhergehen. Wohlgemeinte Nachfragen von Kolleg*innen, wie denn der freie Tag war, werden zum Beleg von Lebensrealitäten die weit aneinander vorbei gehen.
Diesem ständigen Balanceakt ist kein baldiges Ende in Sicht. Mit dem stetigen Anstieg der Lebenserwartung und der sich wandelnden Altersstruktur in Deutschland gibt es eine Vielzahl an Menschen, die sich in ihrem Haushalt sowohl um Kinder als auch um Eltern im Seniorenalter kümmern. Seit 2009 hat sich die Anzahl von pflegebedürftigen Menschen in Deutschland mehr als verdoppelt und ist von ca. 2 Millionen auf knapp 5 Millionen Menschen angestiegen. 84% der Pflegefälle werden dabei von ihren Angehörigen zu Hause versorgt, wobei nur 21% auf ambulante Pflege- und Betreuungsdienste zugreifen.
Die sogenannte „Sandwich Generation“ wächst in der Zahl. Zu ihr gehören alle Familien, die sich zum einen der Pflege von pflegebedürftigen Eltern widmen, zum anderen aber auch ihren eigenen Nachwuchs großziehen. Es ist eine gesellschaftliche Übergangsphase, die sich dank wachsender Lebenserwartungen und den Trend zum späteren Kinderkriegen entwickelt hat. Noch mindestens ein Jahrzehnt werden so Kinderbetreuung und Altenpflege für viele Mittdreißiger und -vierziger aufeinander fallen. Gepaart mit den stetig steigenden Pflegekosten und einem wachsendem Eigenanteil, entstehen angespannte Familiensituationen. Pflege und Erziehung kosten Zeit und Geld, Arbeit und Karriere sollen und müssen auch noch irgendwie in die Woche passen.
Die reguläre Arbeitswoche passt nicht mehr richtig in unsere Leben, ein Wandel ist bitter nötig. In einer kürzlichen Studie, durchgeführt mit VARIO Legal Projektjurist*innen, war sich eine überwältigende Menge von 96% der Teilnehmenden einig, dass die Arbeitswoche wie wir sie kennen, 8 Stunden am Tag, 5 Tage die Woche, wenig Sinn ergibt für heutige Anwält*innen.
Viele der Teilnehmenden wiesen als Grund auf ihre eigenen familiären Verpflichtungen hin. Eine*r der Teilnehmenden merkte an: „Viele Menschen sind es leid, in einer festen Routine festzustecken, zu Stoßzeiten zur Arbeit zu Pendeln, nicht in der Lage zu sein ihre Kinder stressfrei zur Kita bringen zu können, ohne sich Sorgen um Verspätung machen zu müssen.“ Weiter wurde kommentiert: „Die traditionelle Arbeitswoche reflektiert nicht die Realität der zur Verfügung stehenden Betreuungsangebote für Kinder. Die Öffnungszeiten passen nicht zum Alltag der Kinder und machen es schwer sie. Aber auch für die Angehörigen mit der Betreuungsverantwortung oder eigenen Einschränkungen.“
Trotz allem wurde von einer Vielzahl der Teilnehmenden auch eingeräumt, dass die Rechtsprofession eben doch Überstunden und Flexibilität gegenüber den Bedürfnissen der Mandant*innen abverlangt.
Nach den unmenschlichen Arbeitszeiten für Arbeiter*innen zu Zeiten der industriellen Revolutionen, scheinen wir uns langsam in Richtung einer kürzeren Arbeitswoche zu bewegen. In Deutschland setzte sich der 8-Stunden-Tag im Jahr 1918 erstmals als Konsequenz der Novemberrevolution gesetzlich durch. Heute ist die 40-Stunden Woche in den meisten Büros der Rahmen, auch wenn in Deutschland in der Theorie die 6-Tage Woche existiert und somit eine 48-Stunden-Woche rechtens ermöglicht. In der Realität zeigt sich ein noch gespaltenes Bild im Generationswandel. Im Durchschnitt arbeitet eine Person in Vollzeitbeschäftigung in Deutschland ca. 40,5 Stunden in der Woche. Jede*r Elfte überschreitet aber sogar die 48-Stunden Woche, besonders unter Führungskräften. Ein Unterschied zwischen Generationen, wie Statistiken des Statistischen Bundesamts zeigen. Während unter den 15- bis 24-Jährigen nur 1,6% die 48-Stunden Marke überschreiten, sind es unter den 55- bis 64-Jährigen ganze 11,4%.
Mit ersten erfolgreichen Tests der 4-Tage-Woche in Großbritannien könnte sich eine neue Evolution der 4-Tage Woche andeuten. Auch wenn diese in Deutschland noch nicht in Sicht ist, nehmen Diskussionen über flexiblere Wochenpläne und Arbeitszeitverkürzungen zunehmend mehr Platz in Politik und Gesellschaft ein. Auch die Art, wie die wöchentliche Arbeitszeit genutzt wird, wird zunehmend flexibler, gerade durch remote und hybrides Arbeiten, dessen Zunahme an Akzeptanz durch die Pandemie beschleunigt wurde.
In der Befragung von VARIO Projektjurist*innen, haben ganze 82% der Befragten zugestimmt, dass die Pandemie die Sicht auf Anwält*innen mit familiären Verpflichtungen zum positiven gewandt hat. Befragte erzählten davon, dass die Einblicke in das private Leben über Video Call Fenster ein willkommenes Verständnis für persönliche Umstände begünstigt hat.
Es muss auf jeden Fall noch einiges geschehen – 88% der Befragten waren der Meinung, dass noch nicht genug auf dem Rechtsmarkt getan wird, um berufstätige Eltern zu unterstützen, 95% sahen das gleiche Problem in Bezug auf andere Pflegeverpflichtungen gegenüber Angehörigen.
Viele der Jurist*innen bei VARIO Legal haben sich aus eben diesen Gründen für uns entschieden. Als Unternehmen, welches früh die neue Art zu Arbeiten adaptiert hat, bieten wir unseren Projektjurist*innen flexible Arbeitszeiten, die viele als Verbesserung ihrer Work-Life-Balance wahrnehmen. Nichtsdestotrotz bleibt das Zusammenbringen von Karriere und Familie ein fortbestehendes Thema, welches unserer Aufmerksamkeit verdient. Familienmodelle kommen in den unterschiedlichsten Formen und Farben, entsprechend gibt es keine universelle Lösung, die für jede individuelle Situation geeignet ist. Deshalb ist es uns wichtig, im Rahmen unserer the Modern Family Serie verschiedene Wege aufzuzeigen, wie auf dem Rechtsmarkt auch unterschiedliche Lebensentwürfe unterstützt werden können. Halten wir die Konversation am Laufen.