NachweisG

Neue Nachweispflichten ab 1. August: Das müssen Unternehmen jetzt ändern

Noch mehr Pflichtangaben, dafür keine digitale Unterschrift mehr: Das neue NachweisG bedeutet erheblichen Aufwand für Rechts- und HR-Abteilungen. Was jetzt bis zum 1. August nötig ist – ein Überblick. 

 

Am Ende ging es ganz schnell. Der Bundestag hat Ende Juni in 2. und 3. Lesung den Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen verabschiedet, die Neuerungen treten schon zum 1. August in Kraft. 

 

Wie ihr Name schon sagt, soll die Richtlinie Arbeitsbedingungen transparenter machen. Deutschland setzt die Transparenzanforderungen in Sachen Arbeitsbedingungen im Nachweisgesetz (NachwG) um, das schon seit den 90-er Jahren existiert, nun aber deutlich wichtiger werden dürfte. Der Nachweis bestimmter Aspekte des Arbeitsverhältnisses wird hierzulande traditionell nur im Arbeitsvertrag erbracht, die deutschen Vertragsformulare sind meist schon recht detailliert. Auch nach hiesigen Maßstäben gibt es aber nun neue, zusätzliche Informationspflichten gegenüber den Arbeitnehmern, zum Beispiel über die Möglichkeit, Kündigungsschutzklage zu erheben und die Fristen dafür. 

 

Für neue Verträge gelten diese Pflichten sowieso, aber auch in bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen müssen die Arbeitgeber zumindest auf Anfragen ab dem 1. August innerhalb kürzester Frist reagieren können. Praktisch jedes Arbeitsvertragsformular muss vor bis dahin überprüft und ggf. ergänzt werden, für manche Rechts- und Personalabteilung kann das eine enorme Belastung bedeuten. Für den Sturm der Entrüstung, den das Gesetz insbesondere in Unternehmen und ihren Rechtsabteilungen auslöste, gibt es aber noch einen anderen Grund.

Zurück zur Schriftform

In einer drei Tage vor der 2. Lesung noch angesetzten Expertenanhörung sprachen sich Unternehmensvertreter deutlich vor allem gegen die neue Schriftform aus: § 2 Abs 1 S. 3 des neuen Nachweisgesetzes regelt, dass die schriftlich niedergelegten Arbeitsbedingungen dem Arbeitnehmer spätestens am 1. Tag des Arbeitsverhältnisses ausgehändigt werden müssen. 

 

Theoretisch wäre es also möglich, Arbeitsverträge (weiterhin) digital im Vorfeld abzuschließen und dem neuen Mitarbeiter am ersten Arbeitstag ein Dokument mit den Bedingungen seines Arbeitsvertrags auszuhändigen. Praktisch wird das kaum ein Unternehmen so umsetzen, wer möchte schon für ein- und dasselbe Arbeitsverhältnis zwei Dokumente anfertigen und pflegen müssen. Die Neuerung bedeutet für deutsche Arbeitgeber faktisch, dass Arbeitsverträge künftig nur noch in Schriftform, also auf Papier ausgedruckt und per Stift (oder per qualifizierter elektronischer Signatur, die derzeit wegen mangelnder Praktikabilität und hoher Preise noch selten genutzt wird) unterzeichnet, abgeschlossen werden können.

 

Deutschland schreibt also für Arbeitsverträge weiterhin die Schriftform vor, obwohl die Richtlinie, die mit dem neuen NachwG umgesetzt wird, die elektronische Form ausdrücklich zulässt. Nach den bislang zugänglichen Informationen ist die Bundesrepublik der einzige Mitgliedstaat, der an der Schriftform festhält.

 

Dafür hatten sich – entgegen den durchaus lauten Stimmen aus der Wirtschaft - in der Expertenanhörung vor allem die Gewerkschaften ausgesprochen, aber auch die Richterschaft konnte Papier und Stift einiges abgewinnen. Vor allem Vertreter der New Economy, deren Mitarbeiter häufig nicht einmal am selben Ort sitzen wie die HR- oder Rechtsabteilung und die häufig ausschließlich elektronisch kommunizieren, sind empört. Doch auch traditionsreiche Unternehmen wie beispielsweise die Deutsche Telekom zeigten sich öffentlich wenig begeistert.

Neue Pflichten für neue Verträge, kurze Fristen für alte Verträge

Geholfen hat es nichts, die Neuregelungen werden kommen. Für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1. August 2022 beginnen (es soll hier nicht auf den Vertragsschluss ankommen, sondern auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses), müssen die Unternehmen nun die erweiterten Informationspflichten in ihren Arbeitsvertragsmustern abbilden.

 

In üblichen Arbeitsvertragsformularen könnten neben dem jetzt zu erklärenden Kündigungsverfahren zum Beispiel auch Ansprüche auf Fortbildungen durch den Arbeitgeber bisher noch nicht enthalten sein. Auch für Mitarbeiter, die im Ausland tätig sind, führt das neue NachwG erweiterte Dokumentationspflichten ein.

 

Ein gesondertes schriftliches Informationsblatt mit allen neuen Hinweisen kann helfen, um die Anforderungen pünktlich zu erfüllen. Mitarbeiter, die schon vor dem 1. August im Betrieb beschäftigt waren, haben nämlich ab August ebenfalls das Recht, ihren Arbeitgeber aufzufordern, ihnen die neuen Informationen mitzuteilen. Die wichtigsten Informationen zu ihrem Arbeitsvertrag muss das Unternehmen ihnen dann binnen nur sieben Tagen, weitere Elemente binnen eines Monats nach Zugang der Anfrage zur Verfügung stellen.

Bis zu 2.000 Euro pro Verstoß, erhebliche Belastungen für Unternehmen

Zudem drohen künftig Bußgelder von bis zu 2.000 Euro pro Verstoß. Vor allem Unternehmen mit vielen Mitarbeitern könnte die Nichtbeachtung der neuen Vorgaben des NachweisG - sei es nun die Schriftform oder eine neu vorgeschriebene Information im Arbeitsvertrag - teuer zu stehen kommen.

 

Es lohnt sich also, die Zeit bis zum 1. August zu nutzen, um das Unternehmen auf die Erfüllung der neuen Pflichten vorzubereiten. Die Bundesregierung geht in ihrem Gesetzentwurf davon aus, dass für die Ergänzung der Arbeitsverträge ein Zeitaufwand von drei Minuten entstehe. Arbeitsrechtler in Unternehmen und Kanzleien kritisieren das als völlig realitätsfremd und raten dazu, mit erheblichen Belastungen für Unternehmen zu rechnen. In der Umsetzung dürften die Belastungen sich neben der HR- vor allem in der Rechtsabteilung bemerkbar machen, die das neue NachwG analysieren und die Verträge entsprechend anpassen wird. 

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